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Politz an der Elbe entwickelte sich mit dem Zuzug von Arbeitskräften sehr bald zu einem blühenden Gemeinwesen,
in dem sich die Bewohner, die aus den unterschiedlichsten Herkunftsgebieten stammten, bald "dahejme fielten", wie es in der damals gesprochenen, bodenstämmigen Mundart hieß.
Sehr bald bildete sich ein reges Vereinsleben und schon 1925 zählte man 45 Vereine, davon zwei tschechische. Öffentliche Veranstaltungen waren sehr beliebt und stets gut besucht und so
schwärmten viele:
"Mia worn bein Rodfoahrerverein,
es wor schejn und hout lange gedauert."
Sehr beliebt waren damals auch die Tanzveranstaltungen, bei den jungen Leuten besonders die Mädchen- und
Burschenkränze, die von den jeweiligen Mädchen- und Burschenkomitees veranstaltet wurden. Bei allen Aktivitäten wurden aber auch die Kinder nicht vergessen, für die man in
der Deutschen Turnhalle vor allem Märchenspiele aufführte, die auch die begleitenden Erwachsenen erfreuten.
"Manne gimma uffs Nejscher Fest!" hörte man oft in den Familien, wenn man vor hatte am
nächsten Tag das Neschwitzer Kirchenfest zu besuchen, das zu Ehren des Hl. Laurentius, dem Patron der Neschwitzer Kirche, am Wochenende nach dem Namenstag des Schutzheiligen (10. August)
gefeiert wurde.
"Dou is nou moc Plotz ei da Wirtschoft". Also nei! Über wos se dann gredt hon, dos wess ma ne. Vielleicht üba dan
Schubkorrn von Noppern, so en Toppe mit dre Radln wo de drinnne kunnst bodn gehn. Und ob se dann nach oll dan Schnaps geekt hon, das wess ma a ne.
Wonn ihr jetz wullt weiter lesn, dos kustet ok eene Krone, odr en Eintrog ins Gästebuch!
Noa, viele von dahejme woarn och for Karfiol un Erpeln do. Tu nicht frogn was des sei. Erpeln, Butter un Quark.
Das hon se früher gegassn. De Soche wor gut. Und de Leite hon a en Boch gekriegt.
A ohne all des neie Zeig zu noschn. Wos nur dick mocht. Onders dick. Loch ne! Is so!
"Was machma ein Simdsche (oder Sundsche)?" wurde bei den Vereinszusammenkünften sicher oft gefragt,
wenn es darum ging, für Samstag (oder Sonntag) einen Ausflug zu einem der beliebten Ziele in der näheren Umgebung zu planen.
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Aufstieg zur Netterskoppe
Vom Oberdorf gelangte man auf dem Kirchweg zum Pfarrbusch, von dort aufwärts nach Schmordau. Seitab lag die Meckerschenke, in sommerlicher Betriebsamkeit erklang Musik.
In Richtung Hortau führte bald der Weg rechts zur Netterskoppenbaude hoch, im letzten Anstieg an einer Felsengruppe vorbei. In der Baude ging es meist sehr humorvoll und gesellig zu.
Viel begangen war die Aussichtsplattform des geländerumwehrten Baudendaches, um einen Blick hinunter nach Neschwitz und Politz zu erhaschen.
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Netterskoppenbaude |
Waldmühle - Oberbachelsdorf
Von Politz führte der Wanderweg über die Löwe an der Wald- und Wiesenkante entlang zur Kolmer Scheibe. Nach Aufstieg ins Dorf Kolmen ging es durch langen Wiesengrund in
nordöstlicher Richtung abwärts zur freundlichen Gaststätte Waldmühle, ein rechtes Ausflüglernest zum Wohlfühlen. Laut ertönte das Orchestrion, die Großen
legten eine kesse Sohle aufs Parkett, den Kindern reizte mehr der Zitronentrank und die Waldmeisterlimonade. Sie freuten sich am prächtigen Räderschlag der stolzen Pfauen und lauschten
dem Ruf der bunten Fasanen. Anziehungspunkt für groß und klein war auch der weidenumsäumte Gondelteich. Am Rückweg erfolgte Einkehr bei den netten Hüttels in Kolmen.
Es gab kein Bier, aber scharfen Bierkasel, Bauernbutter, Milch und deftiges Bauernbrot. Zum Mitnehmen klemmte sich mancher einen solchen großen Laib unter den Arm. Von der Kolmener
Kippe hatte man einen schönen Blick auf Bodenbach.
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Gasthaus 'Zur Waldmühle' in Oberbachelsdorf (Dank an Silvia Blumenhagen) |
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Polzental - Scharfensteine
Vom Politzer Oberdorf (Hortauer Straße) führte der Weg aufwärts über Buschmühle,
oberhalb zweigte bald linkerhand der Feld-/Wiesenweg nach Großwöhlen ab und der Umweg über Hortau blieb erspart.
Großwöhlen erreichte man bei der Schule. Unterhalb des Ortes konnten die Straßenkehren abgekürzt werden und man erreichte
durch die Böhmklamm das idyllische Kleinwöhlen mit grandiosem Blick in das Polzental. Nach Besuchen in Zautig und Höflitz war ein
Streifzug am Polzenfluss naheliegend, dessen Fischreichtum im klaren Wasser gut auszumachen war. Hinter Bensen wurde zum Abschluss bei Franzenthal
die Felsengruppe der Scharfensteine aufgesucht, der Aussichtsort war bewirtschaftet.
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Buschmühle
Es war Nahziel vieler Politzer und so herrschte besonders an Sonntagen Hochbetrieb in Schullers Gasthaus.
Die Kinder durften das Grammophon mit der Leier aufziehen, bevor Heinzelmännchens Wachparade und andere Stückeln aus dem
großen Schalltrichter dröhnten. Im Garten stand ein Kinderkarusell, für die Benutzer desselben gab es preiswertes Angebot
an Naschereien, besonders beliebt waren die "gefüllten Zuckerln". Die Väter lobten da eher zum Bier die knusprigen Mousanzen,
flaches, mit Mohn bestreutes Brotgebäck in Fladenform. Meist war es schon finster, wenn's gruppenweise mit Gesang heimwärts ging.
Die Schullers verstanden sich meisterhaft aufs zubereiten von marinierten Heringen, die Rahmsoße war weitum geschätzter kulinarischer Hochgenuß.
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Gasthaus Waldesruh in Buschmühle |
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Tannbuschbaude (527m) |
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Tannbuschbaude
Der Tannbusch war bequem in ca. 1,5 Stunden zu erreichen, im Winter eine reizvolle Skiwanderung und Treffpunkt guter Skiläufer.
Nach Überquerung des Bachgrundes in Buschmühle gings aufwärts zum Nußhackerdörfel und von dort in mäßiger,
aber stetiger Steigung auf geradlinigem Weg zur sonnigen Tannbuschbaude. Eine Mai-Tour dorthin, inmittten beiderseits des Weges leuchtender Rapsfelder
begleitet vom Bienengesumm, war allseits beliebt.
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| Die dargestellten Beschreibungen fanden sich im Nachlass meines Vaters und sind heute nicht mehr gehbar. Zudem existieren die Ziele meist nicht mehr. |
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